LINZ / STEYR. Anfang August geht beim BMW-Werk in Steyr die Fertigung von Elektromotoren in Serie, die den Standort zu einem Zentrum für E-Mobilität machen soll.
Vor 71 Jahren belieferte die Linzer voestalpine erstmals den Münchner Autobauer BMW. Seither ist der Konzern Dauerkunde – und auch bei der Produktion der neuesten Generation seiner Elektromotoren arbeitet das Unternehmen wieder mit dem Stahl- und Technologiekonzern zusammen.
Die voestalpine steuert das Elektrostahlband, das als Herzstück des Elektromotors gilt, bei: Der Stahl mit speziellen magnetischen Eigenschaften ermöglicht die effiziente Umwandlung von elektrischer Energie in mechanische Arbeit. Die Qualität des Bands ist entscheidend für die Leistungsfähigkeit des Antriebs.
Das Material dafür stammt laut Hubert Zajicek, Vorstandsmitglied der voestalpine und Leiter der „Steel Division“, aus dem Erzberg. Im Kaltwalzwerk wird das Band erzeugt und in einer eigenen hochautomatisierten Glühanlage, die 2014 in Betrieb genommen wurde, aufbereitet. Pro Jahr werden dort rund 250.000 Tonnen Elektroband hergestellt. Es ist zwischen 0,25 und einem Millimeter dünn: „Das entspricht drei menschlichen Haaren, die übereinandergelegt werden“, sagt der technische Leiter der Anlage, Manfred Enengl. Das Elektroband wird aufgeheizt, wodurch es die notwendigen magnetischen Eigenschaften erhält.
Mehrstufiger Prozess
Der rund 300 Meter lange Glühofen, der auf fast 1200 Grad erhitzt wird, läuft durchgehend und wird nur alle eineinhalb Jahre für die Wartung ausgeschaltet. Nach der Kühlung wird das dünne Band noch beschichtet und mittels Luftdüsen getrocknet. Die dünnen Bleche werden in Form gestanzt, dann wieder Schicht für Schicht aufeinandergelegt und zu mehreren Zentimeter dicken Teilen „verbacken“.
Diese Blechpakete – Rotor und Stator – werden im BMW-Werk in Steyr weiterverwendet. Der Stator wird mit Kupferwicklungen bestückt – er erzeugt das Magnetfeld, in dem sich der Rotor dreht.
Die Kupferdrähte würden ebenfalls aus der Region kommen, heißt es von BMW. Durch die Verwendung von Kupfer könne man auf den Einsatz von seltenen Erden verzichten. Das wirke sich positiv auf die Produktionskosten aus und sei ökologisch nachhaltiger.
Start der Serienproduktion
Im vergangenen September startete die Vorserienproduktion für die neuen E-Motoren in einer neu errichteten Montagehalle. Nächsten Freitag, am 1. August, geht die Produktion in Serie. Bis zu 600.000 Elektromotoren sollen jährlich vom Band rollen, BMW investiert bis zum Jahr 2030 eine Milliarde Euro in den Standort Steyr, wo sich auch das Entwicklungszentrum für die Erforschung neuer Antriebe befindet. Bei der sechsten Generation des E-Motors mit rund 700 Kilometern Reichweite konnte der Energieverlust gegenüber dem aktuellen Modell um 40 Prozent reduziert werden.
Außerdem bringt der neue Motor ein Zehntel weniger Gewicht auf die Waage. Damit reduziert sich auch das Gewicht des Fahrzeugs und damit der Energieverbrauch. Die Motoren aus Steyr sollen noch heuer im ungarischen BMW-Werk in Debrecen in Autos eingebaut werden. „Diese Zusammenarbeit zeigt die Stärke der oberösterreichischen Industrie“, sagte Zajicek, der die lokale Wertschöpfung hervorhob.
„Die Fahrzeug- und Stahlindustrie sind die tragende Säule dieses Landes“, sagt Klaus von Moltke, Werksleiter in Steyr und Geschäftsführer der BMW Motoren GmbH. Ihre Wettbewerbsfähigkeit sei entscheidend für den Wohlstand und die Erhaltung der Arbeitsplätze.
In Steyr beschäftigt BMW aktuell 4900 Mitarbeiter. Jährlich werden mehr als eine Million Benzin- und Dieselmotoren gefertigt. Sie werden auch in Zukunft noch eine wichtige Rolle spielen: Die Vielfalt und Flexibilität bei der Wahl der Antriebe sei für die Zukunft der Mobilität entscheidend, sagte von Moltke. „Wir sind bestens vorbereitet.“
Im Motor kommt ein hauchdünnes Stahlband zum Einsatz, das in der voestalpine in Linz erzeugt wird. Am Mittwoch luden beide Unternehmen zu einer Besichtigung der Produktion und betonten dabei den Aspekt der regionalen Wertschöpfung in dieser Partnerschaft.